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Volontär Bericht, Mai 2011, Bernhard

Hallo zusammen,

ich wurde gefragt, ob ich nicht einen kurzen Bericht verfassen könnte. Ich sollte mich darin vorstellen, meine bisherige Reise erwähnen und wie ich auf die Evergreen Community gestoßen bin. Meine ersten Eindrücke soll ich niederschreiben und was ich hier so mache und warum... Tja, für die Homepage von Childrenplanet soll ich das Ganze schreiben wurde mir gesagt und ich befürchte, das einzige Problem bei der ganzen Sache ist: “das Sich-kurz-fassen.“ Es gäb einfach so viel zu erzählen...

Nun ich beginne einfach mal und wie es beim Sich-Vorstellen so üblich ist, mit meinem Namen. Der lautet Bernhard Füreder, ich komme aus Oberösterreich (Wilhering) und bin im Moment noch 33 Jahre alt. Vor ca. zwei Jahren bin ich mit dem Motorrad von Österreich aus gestartet und durch mittlerweile 16 Länder weitestgehend über Land nach Kambodscha gefahren. Jaja, man muss sich nicht unbedingt in einen Flieger setzen, um hierher zu kommen. Vom Projekt der Evergreen Community hab ich rein zufällig erfahren. Nachdem ich schon fast einen Monat in Kambodscha herum gereist bin, hat eine Reisebekanntschaft auf Facebook eine Einladung zu einer Party gepostet. Eine Party für den guten Zweck! Tja, eine gute Idee und ich drückte neugierig auf den Link unter der Einladung. Die Website von Childrenplanet kam zum Vorschein und ich las fasziniert über die Projekte der Evergreen Community. Sofort fühlte es sich an, als müsste ich mir das persönlich ansehen. Nun ich war ja gerade in der Gegend (Siem Reap), suchte mir also eine schöne Strecke auf der Landkarte und beschloss kurzer Hand hinauf nach Stung Treng zu brettern. Bin ja flexibel und alles was ich hab, ist Zeit... Am Weg hatte ich noch eine Reifenpanne und ich verbrachte eine wunderbare Vollmondnacht im kambodschanischen Dschungel, bevor ich tags darauf die Evergreen Community ausfindig machte. Mittlerweile ist es schon wieder zwei Monate her (wie die Zeit vergeht), es war Wochenende und darum die Schule geschlossen. Long Lypo nahm mich herzlich in Empfang und führte mich herum. Als ich erwähnte, dass ich aus Österreich sei, begann er sofort von den Menschen dieses Landes zu schwärmen und erzählte mir von Childrenplanet und Christian und der tollen Unterstützung. Bei einer frisch gepflückten Kokosnuss sprachen wir über die verschiedenen Projekte, seine Ideen, über die Kinder und Lypo´s Motivation, das alles zu machen. Nun ich hab auf dieser meiner Reise schon die eine oder andere Persönlichkeit kennen gelernt und Lypo gehört definitiv wieder mal zu einem ganz besonderen Menschenschlag. Ein offener und selbstloser Zeitgenosse, der alles für die Ärmsten gibt. Eine „Gänsehautpersönlichkeit“ nenne ich solche Menschen gerne. Man sitzt ihnen gegenüber, spricht mit ihnen und wird irgendwie die Gänsehaut nicht los.

Ich wurde dann auch noch den österreichischen Volontären hier in Stung Treng vorgestellt und durfte bei ihnen im Haus einziehen. Wir quatschten viel über die verschiedensten Projekte und ich konnte mir in den folgenden Tagen ein Bild von der Situation hier machen. Dem Schulbetrieb wohnte ich bei, die gerade begonnenen Brunnenbohrungen sah ich mir an und die zu diesem Zeitpunkt fast fertige Kinderstation des Krankenhauses begutachtete ich. Neben vielen anderen Berufen, die ich im Laufe der Zeit gelernt und ausgeübt habe, war ich in den letzten Jahren bevor ich auf Reisen ging, auf einer chirurgischen Intensivstation als Krankenpfleger tätig. Ich liebe zwar diesen Beruf nach wie vor, aber als ich das Krankenhaus so sah und drinnen herum spazierte wurde mir klar, dass ich dort nicht arbeiten möchte. Mein Gefühl jedoch sagte mir, dass ich hier bleiben soll. Das Wasserprojekt hatte es mir seit der ersten Minute angetan und ich recherchierte ein wenig.

Wasser ist seit dem 28 Juli 2010 ein Menschenrecht und wie die WHO schon so richtig sagt: "Water is fundamental for life and health. The human right to water is indispensable for leading a healthy life in human dignity...". Von 1000 unter 5jährigen sterben hier in Kambodscha ca. 84, viele aufgrund des verschmutzten Wassers und der darin vorkommenden Krankheitserreger (in Österreich sind es 4, die sterben und lt. Statistik keines mehr an Durchfallerkrankungen). 10851 Familien (52%) in der Stung Treng Provinz entnehmen Wasser aus unsicheren Quellen und 7538 (36%) Familien haben einen Weg von mehr als 150 Meter zur nächsten Wasserstelle. Bei 8893 (43%) Familien handelt es sich bei einer solchen Wasserquelle schlichtweg um Wasser aus Flüssen, Seen, Teichen oder gesammeltes Regenwasser. Die Wasserqualität ist dabei nicht mit der in Österreich zu vergleichen. Nicht mal im Ansatz!!! Nun, es geht um ein Projekt (Hopeful Water Project), das es echt Wert ist, vorangetrieben zu werden. Wasser, der Grundstein des Lebens. Da es ein so interessantes und wichtiges Projekt ist, habe ich schließlich beschlossen, länger hier zu bleiben. Voraussichtlich ein Jahr - und ich werde mein Bestes geben, um den Familien der Kinder, die in die Evergreen Community gehen, Zugang zu medizinisch vertretbarem, sauberem Wasser zu ermöglichen.

Eine Familie, die mir sehr ans Herz gewachsen ist, soll hier Erwähnung finden und ihr Beispiel soll zeigen, wie sinnvoll es ist, den Menschen Wasser zu geben. Die Familie musste ihr Haus am eigenen Grundstück aufgrund des Wassermangels verlassen. Sie mussten von ihrem eigenen Stück Land weg in eine Hütte, in der sie nur vorübergehend geduldet waren. Jederzeit hätten sie von dort vertrieben und auf die Straße gesetzt werden können. Sie hatten auf ihrem eigenen Grundstück zwar einen gegrabenen Brunnen, aber der war bereits früh in der Trockenzeit ohne Wasser. Aber um eine Familie und die Kinder versorgen zu können, ist Wasser nun mal notwendig. Kurz nachdem wir dann einen Brunnen gebohrt hatten, zog die Familie zurück auf ihr Grundstück. Seither zeigen sie mir voller Freude und Dankbarkeit bei jedem Besuch wieder neue Pflanzen im Garten, die nun gedeihen können. Bei jedem Besuch wird die Familie offener, und die Kinder (selbst der kleinste) kommen mir nun schon von weitem entgegengelaufen, wenn sie mich sehen. Wir tollen herum und wenn wir einander sehen, leuchten unsere Augen vor Freude. Es ist erst der Start für diese Familie und wer weiß, wenn sie so weiter machen, können sie bald genug Gemüse im Garten wachsen lassen, um es dann auch noch am Markt zu verkaufen. Wahnsinn! Von der drohenden Obdachlosigkeit hin zur eigenen Landwirtschaft nur durch den Bau eines Brunnen! So macht Hilfe richtig Sinn!

Nun, ich für mich habe beschlossen, weiter zu helfen und werde das nächste Jahr hier in Stung Treng bleiben. Zur Zeit beschäftige ich mich mit Recherchen, habe gerade die ersten Wassertests bekommen, versuche einen Wasser-Notwendigkeits- u. Prioritätenplan zu erarbeiten, erstelle eine Karte mit GPS Daten über die schon vorhandenen Brunnen, mach mich schlau über andere Möglichkeiten, sauberes Wasser zu speichern und zur Verfügung zu stellen, saniere demnächst einen Schachtbrunnen und bin auf der Suche nach günstigen Brunnenbohrfirmen. Tja, es gibt viel zu tun...

Alsdann, bis zum nächsten Mal. Liebe Grüße aus Kambodscha

Bernhard

P.S.: Weitere Informationen und monatliche Berichtupdates findest du auch auf bernhardaufreisen.blogspot.com