Sie sind hier:  Tagebuch  /  Archiv/  31.05.2011 Niki/  

Volontär Bericht, 31.Mai 2011, Niki

Erfahrungsbericht über meine Tätigkeit als Volontärin in der Evergreen Community vom 03.03. bis 30.04.2011

Bereits im Oktober 2010 hörte ich von dem schlechten Zustand des einzigen Krankenhauses der Provinz Stung Treng, dessen Wände und Dächer feucht und undicht waren. Es tropfte sogar zum Teil direkt in die Patientenzimmer hinein. Mit Freunden organisierte ich sofort die erste Benefizveranstaltung in Österreich, um Spendengelder zu sammeln und die dortige Lage so schnell wie möglich verbessern zu können.

Als ich im März 2011 in Stung Treng ankam, waren dank weiterer zahlreicher Spenden, die Renovierungsarbeiten bereits fertig, die Wände trocken und das Dach repariert. Die Ausstattung der Räumlichkeiten ist zwar noch dürftig, aber ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Patientenvorsorge wurde getan. Toll, wenn das so schnell geht!

In der Evergreen Community wurde ich von Long Lypo, dem Leiter der Schule, und den vielen aufgeweckten Kindern herzlichst begrüßt. Ich startete mit dem Englisch-Unterricht und war sofort von den Kindern begeistert. Wirklich alle sind ausgesprochen lernwillig und sehr aufnahmefähig. Selbst die Kleinsten unter ihnen können schon viele Wörter und möchten gerne mehr lernen.

Neben dem Unterricht haben wir auch gebastelt und gemalt. Es ist unglaublich, zu sehen, wie sich die Kinder über Buntpapier und Malstifte freuten. Einige Kinder sind überaus kreativ und malten wirklich tolle Bilder, obwohl sie den „Luxus“ von Malsachen im Alltag gar nicht haben. Ebenso begeistert waren sie über die bunte Wolle, die ich mitbrachte, um mit ihnen Freundschaftsbänder zu knüpfen. Viele der selbstgemachten Bilder und Bändchen wurden dann Anfang April Long Lypo mitgegeben, um diese dann im Zuge seines Österreich-Besuches beim Patenschaftsabend in Hartkirchen an die dort anwesenden Patinnen und Paten als Geschenk der Patenkinder zu überreichen.

Samath – ein Lehrer der Evergreen Community – und ich wurden von Lypo beauftragt, für das Schulgelände große Mistkübel zu bauen. Wir besorgten Holz und Bambus und legten los. Sogar über eine Mülltrennung dachte ich nach, was in Kambodscha, einem Land ohne Müllbewußtsein, nicht einfach sein würde. Dennoch malten wir Schilder für Plastik und Metall und unterrichteten die Lehrer, den Kindern die Sortierung näher zu bringen.

Mit Long Lypo machte ich auch Hausbesuche, um mit privaten Spendengeldern die ärmsten Familien in der Umgebung zu unterstützen. Ihre Kinder müssen, um die Schule zu erreichen, oft kilometerlange Wege zu Fuß zurücklegen. Damit ihnen dieser Weg erleichtert wird, besorgten wir für sie Fahrräder. Außerdem bekamen sie Schulhefte und Stifte, neue Schuhe und Schuluniformen. Vor allem die Fahrräder machten die Kinder überaus glücklich.

Wir haben auch begonnen Kinder, die bereits Pateneltern haben, zu besuchen und ihre aktuelle Lebenssituation in Berichten festgehalten, um den Pateneltern einen Einblick in das Leben ihrer Schützlinge ermöglichen zu können.

Dann war da noch eine Familie aus Stung Treng, die mich besonders beeindruckt hat: Seng Sophal arbeitet immer sehr fleissig auf dem Gelände der Schule und packt überall an, wo Not am Mann ist. Seine Frau arbeitet in der Schulküche und versorgt die Kinder jeden Tag mit warmen Mahlzeiten. Eine eigene Unterkunft hatten sie nicht. Lypos Bruder gewährte ihnen Unterschlupf unter seinem Stelzenhaus. Dort schliefen sie mit ihren drei Töchtern (10 Jahre, 3 Jahre und 6 Monate alt) auf einem kleinen Holzpodest, praktisch ohne Schutz vor Wind und Wetter. Die Regenzeit war nicht mehr fern und ihnen musste geholfen werden, das stand fest. Ich beschloss mit dem Spendengeld meiner Mutter dieser Familie zu helfen.

Das Grundstück des Hopeful-Projects ist zwar noch nicht erschlossen, aber mit der Zustimmung von Lypo durfte die Familie Seng dort als erste angesiedelt werden. Sophal besorgte große Pfähle und gemeinsam kauften wir Holz und ein Wellblechdach von Händlern in Stung Treng. Innerhalb weniger Tage war ihr neues zu Hause fast fertig und die Familie war überglücklich. Sie begannen sogleich mit dem Anlegen von Gemüsebeeten und nach einer Woche sproß Morning Glory (ein Gemüse, dass unserem Spinat ähnelt) in sattem Grün. Mit ihrer Ernte können sie nun ihren Lebensunterhalt bestreiten und auch ihr Eigenbedarf ist gedeckt.

Es ist ein unglaublich tolles Gefühl zu sehen, was möglich ist, wenn eine Familie Hilfe bekommt und weiß, sich damit selbst zu helfen.

Mein Aufenthalt in Stung Treng hat mir einen tieferen Einblick in das Leben der Einheimischen ermöglicht, den man als normaler Reisender sonst einfach nicht hat. Trotz der großen Armut und den schwierigen Situationen spürte ich ihre unglaubliche Lebensfreude, die mir besonders imponierte und woraus auch ich lernen kann.

Ich freue mich schon jetzt darauf nach Stung Treng zurückzukommen und die herzlichen Menschen wieder zu sehen, die mir so viele neue Erfahrungen geschenkt haben.

Nicole Sonderer, aus Seibersdorf in NÖ